Originaltitel: Les femmes au balcon
Produktionsland: Frankreich
Darsteller:
Souheila Yacoub: Ruby, Sanda Codreanu: Nicole, Noémie Merlant: Elise, Lucas Bravo: Magnani le voisin d’en face, Nadège Beausson-Diagne: Denise Fernandez, Christophe Montenez: Paul, Nasir Bachouche: Enzo u.v.a.
Drehbuch: Céline Sciamma, Pauline Munier, Sanda Codreanu, Elise Costa, Anna Belguermi
Regie und Drehbuch:
Noémie Merlant
Genre: Komödie, Fantasy, Horror
FSK: 16
Länge: 104 Min.
Produktionsfirma: Nord-Quest Films
Verleiher: PROGRESS Filmverleih
Filmstart in Frankreich: 19. Mai 2024 (Cannes Film Festival)
Filmstart in Dtl.: 8. Mai 2025
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Drei sehr abenteuerlustige Damen leben im beschaulichen Marseille und müssen mit der großen Hitzewelle klarkommen. Auf einer Art und Weise fühlen sie sich als Gefangene einer schrecklichen Tat. Die Sehnsucht nach Freiheit ist größer als je zuvor.
Feministische Komödie der anderen Art
Sollte die Selbstbestimmung nicht etwas Selbstverständliches sein? Schließlich leben wir im 21. Jahrhundert und wollen stets fortschrittlich sein. Doch dieser Film offenbart, dass es nicht überall auf der Welt der Fall ist, dass man selbstbestimmt seinen Weg geht. Ganz stark betroffen sind davon Frauen, die von ihren männlichen Mitmenschen ausgenutzt statt wertgeschätzt werden. Sei es die normale Ehe oder einfach unterwegs sein, um einen neuen Mann kennenzulernen. Doch die bittere, aber auch traurige Realität ist schneller allgegenwärtig, als man denkt. Hier wird uns gezeigt, dass die Kontrolle über den eigenen Körper auf andere Art interpretiert wird und so schmerzhafte Erfahrungen der weiblichen Hauptcharaktere mit sich bringt. Der Aspekt, wie man damit umgeht oder auch umgehen könnte, wird hier rein visuell eindringlich veranschaulicht.

Die #MeToo-Bewegung steht ganz klar im Vordergrund und wird teilweise spielerisch als auch schonungslos aufgezeigt. Die Begierde ist das typische Verlangen, das uns zu Beginn des Films sehr stark gezeigt wird, ohne dabei die Konsequenz außer Acht zu lassen. Es ist die Unterdrückung, die uns auf verschiedenen Wegen und Perspektiven gezeigt wird. Einer drohenden Langeweile wird aus dem Weg gegangen, indem die Regisseurin die Elemente der Komödie gesetzt hat und phasenweise auf schwarzen Humor und kantige Dialoge setzt. Die drei jungen Frauen, um die es im Film geht, leben in Marseille und sind einer großen Hitzewelle ausgesetzt. Abends vertreiben sie sich die Zeit damit, das andere Geschlecht aus sicherer Ferne zu beobachten. Die Vorstellungskraft jeder einzelnen Person wird geweckt, als auch die schmutzigen Fantasien in Kraft gesetzt. Die Lust auf so viel mehr steigt also immer mehr an. Doch kann es damit Befriedigung für alle drei Damen geben?
Faktisch gesehen eine neue Art Film
„Ich mag diesen Stil sehr, er entspricht mir in meinem Innersten. […]“
– Regisseurin Noémie Merlant über die Kombination der Genres in ihrem Film
Fröhlichkeit und Dramatik waren beim französischen Film bereits eine lange Zeit vorher eine Gewohnheit gewesen. Doch dieser Film geht bewusst einen anderen Weg und könnte sich als »Puls der Zeit« verstehen. Es ist der Genre-Mix, welcher sich eindeutig vom typischen Hollywood-Genre abhebt. Die Regisseurin Noémie Merlant traute sich über Grenzen hinweg und schuf einen erinnerungswürdigen Film, der sowohl Passagen der Komödie, Horror und Mystery in sich trägt und dies clever kombiniert. Die Erzählweise des Films treibt den Plot in der ersten Hälfte stark voran, leidet jedoch in der zweiten Hälfte daran, dass die Geschichte weniger strigent erzählt wird. So sieht man unter anderem eine Konsequenz für eine Figur, die man davor leider nur wenig bis gar nicht thematisiert hat, obwohl in dieser Hinsicht ausreichend Potenzial vorhanden gewesen wäre.

Das Potenzial wird dann anderweitig aufgeteilt und hält den Film so auf seinem stabilen Kurs. Ganz genaue Beachtung sollte man dabei dem Lichtspiel schenken, welches ganz eng in Verbindung mit der jeweiligen Stimmung steht. Gleichwohl zeigen sich auch psychedelische Gegebenheiten, die sowohl Wunsch als auch Wirklichkeit sein könnten. Dem Interpretationsspielraum sind hier keine Grenzen gesetzt. Interessant ist aber auch, dass die Regisseurin hier nicht zum ersten Mal mit Céline Sciamma zusammengearbeitet hat. Sciamma führte einst bei „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ (2019) Regie und Noémie Merlant fungierte dabei als Hauptdarstellerin. Dies ist Merlants zweite Regiearbeit, die einst bei „Mi iubita, mon amour“ (2021) debütierte und eine Nominierung für die »Goldene Kamera« bei den Filmfestspielen in Cannes verzeichnete. Damals war Pierre Guyard für Nord-Quest Films als Produzent aktiv und hatte diese Aufgabe auch für „Balconettes“ inne.
Fazit: Diese, wenn man es so bezeichnen mag, ist eine Komödie, die über Grenzen hinwegschreitet und uns vor vollendete Tatsachen stellt. Schonungslos, aber dafür auch ehrlich, bringt man uns den Feminismus näher, der leider nicht überall die Selbstverständlichkeit im 21. Jahrhundert in sich trägt. Dies müssen die Protagonistinnen im Film leidvoll erfahren und wollen dies nicht auf sich sitzen lassen. Ein Ende kann aber auch ein Anfang sein und darf als Botschaft verstanden werden. Den typischen Genrefilm, welchen man zur Genüge aus Hollywood kennt, wird hier bewusst über Bord geworfen. So bekommen wir einen europäischen Film geboten, der auf jeden Fall in Erinnerung bleiben wird und auch zum Nachdenken anregt.
Titelbild: ©PROGRESS Filmverleih
Quellen und Zitate:
imdb.com
Presseheft der PROGRESS Filmverleih
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