Originaltitel: A Complete Unknown
Produktionsland: USA

Darsteller:
Timothée Chalamet: Bob Dylan, Joe Tippett: Dave Van Ronk, Edward Norton: Pete Seeger, Eriko Hatsune: Toshi Seeger, Scoot McNairy: Woody Guthrie, Monica Barbaro: Joan Baez, Elle Fanning: Sylvie Russo, Boyd Holbrook: Johnny Cash, Dan Fogler: Albert Grossman
u.v.a.

Buchvorlage: Elijah Wald
Drehbuch: James Mangold, Jay Cocks
Regie: James Mangold

Genre: Biografie, Musik, Drama
FSK: 6
Länge: 142 Min.

Produktionsfirma: Searchlight Pictures
Verleiher: Walt Disney Sttudios Motion Pictures Germany

Filmstart in den USA: 20. November 2024 (Los Angeles, Premiere)
Filmstart in Dtl.: 14. Februar 2025 (Berlin International Film Festival)


„It’s always good to know what went down before you, because if you know the past, you can control the future.“ – Bob Dylan

Bob Dylan ist knapp 20 Jahre alt, als er für sich beschließt, von Minnesota nach New York City zu trampen. Dort angekommen, besucht er den an einer Nervenkrankheit leidenden Woody Guthrie im Krankenhaus in New Jersey. Dort angekommen singt er ihm ein Lied vor, welches ganz für Woody selbst gewidmet ist.

“Song to Woody”

Die erste Textzeile des Liedes ist: „I’m out here a thousand miles from my home“

Dass Dylan einige Meilen zurückgelegt hat, ist in der ersten Zeile der ersten Strophe des Liedes ganz genau herauszuhören. Ganz weit weg von Zuhause, um sein Idol Woody zu ehren und ihm zumindest für kurze Zeit den Aufenthalt im Krankenhaus etwas zu erleichtern. Gleichwohl lernt er an diesem Abend Pete Seeger kennen, der schon bald Dylans Mentor werden sollte. Noch im selben Jahr, also 1961, geht es auf Tournee in Greenwich Village. Dort hat Joan Baez ebenfalls einen Auftritt, der er aufmerksam bei House of the Rising Sun zuhört und sich gewissermaßen mit ihr vebunden fühlt. Sie verbindet die Musik, aber eine Beziehung geht Bob mit Sylvie Russo ein.

©Searchlight Pictures

Gut ausgearbeitet sind hier die Spannungen, die schon bald entstehen und zeigen bereits hier Bobs eigenwilligen Charakter, der sich schon mal gerne anderen Mitmenschen widersetzt und lieber sein eigenes Ding macht. So macht er dann schon bald die Erfahrung, dass eine Beziehung vorbei ist. Jedoch ist dies von einer Seite relativ schnell abgehandelt und ist dann einfach geschehen, ohne dabei noch einmal kurz darauf einzugehen. Dass er diese Trennung vielleicht auch verarbeiten könnte oder müsste, wird ebenfalls außen vor gelassen.

“Ballad in Plain D”

©Columbia Records

Dennoch musste er über die Trennung hinwegkommen, was man nach ein wenig Recherche hier in Erfahrung bringen kann. Jetzt erkennen wir, dass die Persönlichkeit für den Film fiktionalisiert worden ist. Nicht Suze Rotolo, sondern Sylvie Russo ist hier Bobs Lebensgefährtin. In einer Spanne der Jahre 1961 bis 1965 nimmt sich der Film sehr viele Freiheiten und verschiebt aufgrund der Story und Dynamik einige Ereignisse. An sich kein ungewöhnliches Mittel bei Biopics. Aber wenn so eine kurze Spanne thematisch von J. Mangold aufgegriffen wird, dann kann man vielleicht doch etwas mehr Kontinuität erwarten. Wie rechts im Bild zu erkennen ist, sieht man Dylan gemeinsam mit Rotolo auf dem Frontcover seines zweiten Albums The Freewheelin’ Bob Dylan (1963). Im Vereinigten Königreich erreichte der Long Player Platz 1 der Albumcharts. Bis zum Jahr 2020 folgten noch acht weitere Platzierungen seiner Alben auf Platz 1. Damit ist er dort erfolgreicher als in seinem Heimatland, den Vereinigten Staaten in Amerika.

Im Film kommen 26 Songs des Ausnahmekünstlers vor. Jedoch ist der romantische Song „Ballad in Plain D“ nicht enthalten. Jenes Lied hätte dem Film und deren Dramaturgie noch mehr Profil und Tiefe gegeben, da sich Bob hier noch einmal mit der Beziehung und Trennung zu Suze auseinandergesetzt hat. Dennoch sei erwähnt, dass sich der Film doch mit einem Aspekt in besonderer Hinsicht auseinandersetzt. Nämlich damit, dass Bob das Dasein in feiner Gesellschaft weniger pflegt als gedacht. Es ödet ihn an, in welcher Art diese Menschen in der High Society miteinander kommunizieren. Dann erwarten sie noch die Dinge, die Bob in keiner Weise erfüllen möchte. Und so setzt er seine Gedanken schon bald in einem Song um, wo er mit seinen Worten mit den Prominenten abrechnet und eine Gesellschaftskritik ausübt. Die Rede ist vom Song „Highway 61 Revisited“, welcher noch andere interessante Merkmale aufweist. So hört man zu Beginn diesen Musikton, welchen man aus nachbearbeiteten Stummfilmen kennt, wo unter anderem Verfolgungsjagden gezeigt werden. Und im Film wird gezeigt, wie Bob den Ton beim Song anwendet.

“Blowin’ In The Wind”

Alle Songs, die im Film Verwendung finden, sind abwechslungsreich und inspirierend zugleich. Und zwischen den Jahren 1961 und 1965 erschuf Bob viel Songmaterial und brachte in dieser Zeit sechs Alben heraus. Auf die Alben „The Freewheelin Bob Dylan“ und „Bringing It All Back Home“ wurde mit je fünf Songs am meisten zugegriffen. Dieses Repertoire wurde noch mit Songs anderer Künstler ergänzt. So hören wir auch Lieder von Woody Guthrie, Pete Seeger, Joan Baez oder auch Johnny Cash. Es ist Chalamet selbst, der Dylans singt und dies mit tiefster Überzeugung und Leidenschaft tut. Weitestgehend verantwortlich zu dieser Zeit war sein Manager Albert Grossman, der hier wunderbar als auch witzig von Dan Fogler gespielt wird. Der war nämlich jenen Launen von Dylan ausgesetzt und musste eben solche auch häufig ertragen. Im späteren Verlauf nimmt Albert sogar etwas mehr Bildschirmzeit ein und sorgt dafür, dass es im Schlussspurt des Films noch etwas würziger wird.

©Searchlight Pictures

Natürlich tritt Dylan auch gemeinsam mit Joan Baez auf der Bühne auf. Bob hält sich dabei nicht an die Songliste und setzt sich über Joan hinweg. Er verlässt dabei sogar die Bühne, was seinen Manager natürlich sehr erzürnt. Jedoch erfahren wir hier keine Konsequenz daraus und man ließ es einfach so im Raum stehen. Festzuhalten bleibt, dass dennoch die Dynamiken auf der Bühne, Bob mit Joan oder eben Bob alleine auf der Bühne sehr eindringlich eingefangen worden sind. Man bekommt ein ungefähres Bild davon, wie Bob auf der Bühne gewesen sein muss. Vielfach allgegenwärtig ist seine Art, wie er mit Menschen umgeht. Dass es dabei stellenweise recht harsch für die Individuen wirkte, kann man sich sehr gut vorstellen. Er hatte eben seine Art, wie man sich im Geschäft durchsetzte und lag vielleicht nicht mal so falsch damit. Elijah Wald veröffentlichte im Jahr 2015 das „Dylan goes electric!“. Eben solches diente als Vorlage für diesen Film.

Wissenswertes über den Verkauf seiner Musik

Zu seinen Weggefährten und Bewunderungen zählt auch Johnny Cash, der hier unnachamlich von Boyd Holbrook dargestellt wird. Es ist auch die Phase im Leben von Cash, die noch nicht so geradlinig verläuft, wie es eigentlich sein sollte. Doch die Verbindung zwischen Dylan und Cash ist hier sehr eindringlich manifestiert und Cash eine Persönlichkeit war, die an Bob geglaubt hat und dies ihm immer wieder klar gemacht hat. Im weiteren Verlauf der Handlung wissen wir bereits, dass es zwischen Dylan und Cash eine Brieffreundschaft gegeben hat. Nicht nur Sehnsüchte und Träume müssen dabei im Austausch gewesen sein. Die musikalische Beziehung zueinander ist zu jeder Zeit des Films zwischen beiden Akteuren gefestigt. Doch wie ist die Brieffreundschaft entstanden? Wie wurden beide aufeinander aufmerksam? Diese offenen Fragen bleibt uns der Film leider schuldig.

©Searchlight Pictures

Was im Film aufgrund der Dekadenauswahl nicht thematisiert wurde, ist der Fakt, dass Dylan am Anfang der 2020er Jahre seine Musikrechte an zwei große Konzerne veräußert hat. Zuerst schloss er einen Deal mit Universal Music Group, an dem er die Verlagsrechte samt seinen Texten und Kompositionen abstieß. Dafür erhielt sage und schreibe rund 300 Mio. US-Dollar. Im Januar 2022 schloss er dann einen weiteren Deal ab. Demnach gingen die Masterrechte seiner Aufnahmen an Sony Music Entertainment. Ein genauer Betrag über diesen Verkauf ist offiziell nicht bekannt. Man schätzt die Summe aber bei rund 150 Mio. bis 200 Mio. US-Dollar. Ein paar Jahre zuvor wurde ihm eine große Ehre zuteil. Für seine Poesie der Neuschöpfungen der US-amerikanischen Songtradition bekam er als erster Musikkünstler überhaupt den Nobelpreis für Literatur verliehen.

Fazit: Der Film glänzt mit seiner Epoche der 1960er Jahre und wartet mit einem Cast auf, welcher mit jedem einzelnen Charakter in die jeweilige Rolle aufgeht. Man schaffte es, den Glanz dieser Zeit auf mehreren Schultern zu verteilen, sodass fast jeder seine eigene kleine Geschichte im Dylan-Kosmos genossen hat. Handwerklich haben wir es hier mit einem mehr als soliden Film zu tun, der uns aber mehr im Dunkeln lässt, als uns etwas zu offenbaren. Aber vielleicht soll dies ja eine Art Geheimnis sein, was Bob Dylan ausmacht. Man muss den Film einfach gesehen haben, um diesen Aspekt genauer einschätzen zu können.


Titelbild: ©

Quellen:

www.nbcnews.com
www.bruehmte-zitate.de
www.sueddeutsche.de


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