Englische Titel: Nosferatu, a Symphony of Horror
Produktionsland: Deutschland (Weimarer Republik)
Darsteller: Max Schreck: Graf Orlok, Gustav von Wangenheim: Hutter, Greta Schröder: Ellen – seine Frau,Ruth Landshoff: Ruth – seine Schwester, Alexander Granach: Knock – ein Häusermakler u.v.a.
Drehbuch: Henrik Galeen, Buchvorlage: Bram Stokers „Dracula“
Regie: F.W. Murnau
Genre: Horror, Fantasy
Länge: 94 Min.
FSK: 12
Produktionsfirma: Jofa-Atelier Berlin-Johannisthal, Prana-Film GmbH
Verleiher: Universum Film (UFA)
Premiere in Dtl.: 4. März 1922
Premiere in der USA: 1. Juni 1929
,„Nosferatu – Tönt dies Wort Dich nicht an wie der mitternächtige Ruf eines Totenvogels. Hüte Dich es zu sagen, sonstverblassen die Bilder des Lebens zu Schatten, spukhafte Träume steigen aus dem Herzen und nähren sich von Deinem Blut.“
Text zu Beginn des Films, welches auf einem aufgeschlagenen Buch gezeigt wird.
Wisborg im Jahr 1838: Knock ist ein Häusermakler und hat ein Angebot von einem Grafen bekommen, welches besagt, dass ein schriftlicher Auftrag ein Haus in Wisborg zu suchen. Der Makler ist überglücklich über die Anfrage des Grafen Orlok und willigt ein. Nun soll Knocks Mitarbeiter Hutter zum Grafen reisen, um die geschäftlichen Angelegenheiten über den Häuserkauf abzuwickeln. Hutter ist voller Vorfreude und erhofft sich durch dieses Geschäft eine bessere Zukunft. Doch seine Frau hat Bedenken. Auf seiner Reise wird er vor Orlok gewarnt und zeigt sich ignorant und setzt seine Reise damit fort…

Ein Film mit vielschichtiger Inspiration
Die Idee des Films liegt dem Expressionismus zugrunde, welcher eine Stilrichtung der Kunst ist. Dessen Anfänge gehen bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert zurück. Es war auch die Epoche tonangebender Motive wie Krieg und Verfall, Angst oder auch Weltuntergang. Schlussendlich war es der Set- und Kostümdesigner Albin Grau, der F.W. Murnau den Regieposten für Nosferatu angeboten hat. Der willigte ein und A. Grau übernahm daraufhin die künstlerische Gesamtproduktion und das Kostümdesign für den Film und zeichnete zu jeder Szene Entwürfe. Inspiration fand er dabei durch Hugo Steiners „Prags Illustration“ für Gustav Meyrinks Roman Der Golem. Für das Drehbuch war Henrik Galeen verantwortlich, welches er an Bram Stokers Roman Dracula anlehnte. dessen Roman war 1897 erschienen. In Dtl. war das Buch ab 1908 erhältlich und beinhaltet den fokussierten Vampirismus.
Allerdings wurden die Filmrechte für den Stoff nicht erworben und nach dem Erscheinen Films stand eine Klage von Stokers Witwe ins Haus und der Film sollte komplett vernichtet werden. Wie man sieht konnte Schlimmeres abgewendet werden und damit können wir noch heute den poethischen Rhythmus des Films bewundern. Die titelgebende Figur wurde von Max Schreck verkörpert, der biss dato noch ein unbekannter Theaterschauspieler war. Zwar sieht man ihn im Film recht selten, aber die Szenen die er hat, nutzt er vollends aus und vermittelt uns mit seinen speziellen Bewegungen und furchteinflößenden Gesichtsausdruck sowas wie Furcht. Egal ob er im Türbogen steht oder in Bewegung ist. Man möchte immer die Flucht vor ihm ergreifen. Auch wenn er nicht in der Szenerie ist, bleiben wir doch stets im Bann der Geschichte und die strigente Verfahrensweise wird in keinem Moment des Films vernachlässigt.
Auch die damaligen Regisseur hatten bereits eine Vorstellung davon, wie man Bildeinstellungen optimal nutzt. Im Bezug auf Nosferatu war wichtig folgende Regel einzuhalten: Schatten ist wichtiger als Licht. Aber mit letzteres muss man eben auch spielen, um optimale Schatteneffekte zu erzielen. Außerdem verwendete Murnau im Film häufig Bögen, Türen und Tore, um die Charaktere einzurahmen. Bei mindestens einer Gelegenheit manipulierte er auch einen bestimmten Teil einer Aufnahme, um den gewünschten Bildeffekt zu erzielen. Bereits vor Nosferatu wurde der Dracula-Stoff verfilmt. 1921 erschien in Ungarn Draculas Tod, welcher aber bis heute als verschollen gilt. Die erste romangetreue Filmumsetzung erschien 1931 in den USA und basierte auf das Bühnenstück von Hamilton Deane und John L. Balderson.
Die Blickwinkel einer besonderen Natur

Jenes Teleobjektiv wurde vielseitig während des Drehs eingesetzt. So auch in der ersten Szene des Films, als man den Turm der Marienkirche über den Wismarer Marktplatz sieht. Doch was machen diese Aufnahmen so besonders? Zuerst einmal sind fast alle Gebäude bis heute erhalten, die im Film vorgekommen sind. Das Haus, welches der Graf kaufen möchte, sind in Wirklichkeit die alten Salzspeicher in Lübeck, die unter Denkmalschutz stehen. Aber die Reise führte auch in die Slowakei, wo in den Wäldern von Vrátna dolina gefilmt wurde. In Dolný Kubín fanden die Außenaufnahmen auf der Arwaburg statt, welche als Schloss für den Graf diente. Die Innenaufnahmen hat man hingegen in der Johannisthaler Filmanstalt in Berlin realisiert. Man schaffte es aber ein authentisches Bild zu erhalten, weil es architektonisch etwas Ähnlichkeit zum Schloss gab. Man beachte dabei den Türbogen, durch welchen der Graf im inneren des Gebäudes durchgeht.
Doch bevor der Hutter an Schloss von Orlok ankam, hatte er einen langen Weg zu bestreiten. Und zu dieser Zeit war es noch nicht üblich, dass ein Film so viele Außenaufnahmen mit realen Orten verwendet hat. Murnaus Bestreben bestand nicht nur darin, die Kunst des expressionistischen Film zu ignorieren, sondern auch reale Gefahren aus der Natur auf den Zuschauer wirken zu lassen. So sieht man einen Wolf, der gerade dabei ist eine kleine Herde Pferde aufzuscheuchen. Der Instinkt der Tiere, sofort die Flucht zu ergreifen, weil das eigene Wohlergehen in Gefahr ist, wird in der besagten Szene realistisch eingefangen. Was aber auffällig ist, dass man hier keinen Wolf, sondern eine Hyänen sieht, die aber einen Wolf darstellen soll. Deutlich wird dies auch, als eine mikroskopische Aufnahme eines Polypen über eine Venusfliegenfalle zu sehen ist. Dazu machten Fred Gehler und Ullrich Kasten in ihrem Buch folgende Aussage:
„Das Grauen erwächst aus dem Vertrauten, nicht aus dem Abartigen.“
Fred Gehler, Ullrich Kasten: Friedrich Wilhelm Murnau. Henschel, Berlin 1990, ISBN 3-362-00373-7, S. 45.
Der Film wird als schlichte Volksmärchenerzählung vorgetragen, die in der Folge auf ein lineares Ende und einer unvermeidlichen Konsequenz hinarbeitet. Hervorgerufen wird dies u.a. durch die sichtbaren schriftlichen Erzählungen von Büchern, Briefe oder auch Zeitungsausschnitte. Wenn man so will, findet man hier eine erzählerische Autorität vor, die es zulässt immer wieder was Neues zu entdecken.
Murnau mit ausgepfeilter Tricktechnik

U.a. wandte er eben solche in Lübeck vor den Salzspeichern an, als er vor der Kamera Gitter platzierte, um den Anschein zu erwecken, man würde aus einem Fenster hinausblicken. Auch bei den Requisiten wurde clever getrickst, als ein Pferdewagen zur Geisterkutsche umgebaut wurde. Eben solche Kutsche durchfuhr im Film einen weißen Wald. Um aber eine gespenstische Wirkung zu erzielen, wurde das Bild als Negativ projiziert. Eingeleitet wurde dies durch die Einzelbildschaltung der Kamera, die einen ruckartigen Zeitraffereffekt zur Folge hatte. In der nächsten Szene sah man dann schließlich das Negativbild. Aber die Kutsche musste unbedingt schwarz bleiben und wurde mit weißen Stoff verhüllt. Edgar G. Ulmer (Ausstattungsassistent) arbeitete mehrmals mit Murnau zusammen und gab Jahre später folgendes Statement in einem Interview ab:
,,While other directors filmed with a 32mm or 24mm total length, Murnau filmed these shots with a total length of 75mm. He knew how to use these lenses because he knew their secrets.“
,,Während andere Regisseure mit 32mm oder 24mm Gesamtlänge gedreht haben, hat Murnau diese Aufnahmen mit einer Gesamtlänge von 75mm gedreht. Er wusste, wie man diese Linsen benutzt, weil er ihre Geheimnisse kannte.“
Aber wo ein Stummfilm ist, darf auch die Musik nicht fehlen. Eben solche wurde von Hans Erdmann umgesetzt. Dabei stützte er sich auf die Elemente der Natur im Film und verzichtete dabei auf die typischen Vampirelemente wie Grauen oder Schock. Eine Stimmung, die auch visuell ihre Wirkung erzählt und sich so von den typischen Klängen des Vampirstummfilms abhebt. Wenn man so will, ist eine Verschmelzung von Sagen-, Märchen- und Naturhaftes.
Fazit: Vor der damaligen Erstaufführung sprachen die Filmschaffenen von Nosferatu, dass die Zuschauer ein okkulter Film erwarten würde. Im Allgemeinen betrachtet ist der Okkultismus eine Bezeichnung für unterschiedliche Phänomenbereiche oder auch weltanschaulicher Systeme. Okkult kann aber mit esoterisch, paranormal oder mystisch bzw. übersinnlich gleichbedeutend sein. Besonders die Aspekte der Mystik und Paranormalen kommen im Film vor und sind gleichbedeutend mit der wirkungsvollen Innovation, die es schafft die realistische Szenerie beizubehalten. Die Landschaftsbilder stehen sindbildlich dafür und sind dabei ein entdeckungsreiches stillistisches Mittel. Es lohnt sich den Film anzuschauen, weil psychologische Poesie einen großen Anlass zur eigenen Interpretation zum Film zulässt.
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Wer noch mehr Interessantes über die Kulissen bzw. Drehorte erfahren möchte, sollte unbedingt auf der Seite von der lieben Shan Dark vorbeischauen, wo sie ihre Reiseerlebnisse im Bezug zu Nosferatu für die Leser zu einem Leseerlebnis gemacht hat. Dabei war ihr Bericht eine Inspiration für meinen Text im Bezug auf die Landschaften.
Bei so einem Film bedarf es einer großen Recherche, die ich dank der englischen Blu-ray Version voll ausnutzen konnte. Auch die darauf befindliche Dokumentation „Die Sprache der Schatten“. Friedrich Wilhelm Murnau und seine Filme: Die frühen Jahre und Nosferatu (2007) haben diese Filmkritik größer werden lassen.
Vielen Dank, dass ihr meinen Artikel gelesen habt. Lasst doch gerne ein Like da, wenn es euch gefallen hat. Ihr habt einen Gedanken zum Text oder Film? Dann postet es mir gerne unten in die Kommentare. Ansonsten ließt man sich im nächsten Artikel. Bis bald…
Ein Meisterwerk. Liegt nicht nur an dem guten Auge des Regisseurs, sondern auch an der Darstellungskunst von Max Schreck.
Ein Film, der heute noch zu begeistern weiß.
BTW: Bei Prime ist das schwedische Meisterwerk „Der Fuhrmann des Todes“ drin.
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Uih nice. Den werde ich mir mal zu Gemüte ziehen. Danke für den Tipp.
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Gern geschehen.
Musst allerdings „Untertitel“ aktivieren. Die Texttafeln bei dem Stummfilm sind auf schwedisch 🙂
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Zukünftig werden hier noch mehr Klassiker verewigt. Da darfst du sehr gespannt sein. 😉
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Da freu ich mich drauf.
Bin ein Fan von den alten Filmen.
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Ansonsten kannst du dir schon mal die schnappen, die schon da sind. 😉
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Da schaue ich mal.
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Ich muss den auch endlich mal ansehen. Der 100. Geburtstag im nächsten Jahr bietet da einen passenden Anlass.
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Oh ja, da ist was dran. Bis dahin wollte ich eigentlich mit dieser Kritik warten. Aber ich konnte es nicht erwarten, den Film genauer unter die Lupe zu nehmen. 😉
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