Originaltitel: Nelyubov
Engl. Titel: Loveless
Produktionsland: Russland
Darsteller:
Maryana Spivak: Zhenya, Aleksey Rozin: Boris, Matvey Novikov: Alyosha, Marina Vasileva: Masha, Andris Keiss: Anton u.v.a.
Drehbuch: Oleg Negin und Andrey Zvyagintsev
Regie: Andrey Zvyagintsev
Genre: Drama
FSK: 16
Länge: 127 Min.
Filmstart in Russland: 1. Juni 2017
Filmstart in Deutschland: 23. Juni 2017 (International Film Festival München)
Start der Blu-ray: 12. Juni 2018
Bestandteil des 27. Filmfestival Cottbus
FestivalSektion: Ruskiy Den
Zhenya (Marjana Spiwak) und Boris (Alexei Rosin) sind verheiratet und haben ein geregeltes Einkommen vorzuweisen. Die besten Voraussetzungen für eine gute Ehe? Keinesfalls! Die beiden sind ständig am Streiten, was besonders ihr zwölfjähriger Sohn Aljoscha (Mawei Nowikow) mitbekommt. Sie merken nicht einmal, dass sie ihn vernachlässigen, und wollen sich nun scheiden lassen. Möglich auch, dass er in ein Internat gesteckt werden soll. Einmal mehr zeigt sich hier, dass das Kind unter einem Scheidungsprocedere am meisten zu leiden hat.
Darbietung der Darsteller geht unter die Haut
Zunächst hat es den Anschein, als würden die Eltern im Mittelpunkt stehen, die sich ständig gegenseitig für alles die Schuld geben. Schließlich wird klar, dass sie Aljoscha nie haben wollten. Für den Jungen bricht eine Welt zusammen und beschließt, einfach abzuhauen. Erst zwei Tage später merken seine Eltern, dass er sich aus dem Staub gemacht hat. Jetzt steht er durch seine Abwesenheit im Mittelpunkt, was er mit großem Erfolg auch erreicht hat. Die Polizei ist nicht in der Lage, zu helfen. Dafür stellen sich Freiwillige zur Verfügung, die Aljoscha suchen. Doch kann er auch gefunden werden? …
Es sind Zhenya und Boris, denen es an menschliche Wärme fehlt. Dies bemerken sie erst, als ihr gemeinsamer Sohn verschwunden ist. Lebensnah und intensiv spielen Marjana Spiwak und Alexei Rosin ihre Rollen. Auch der Kinderdarsteller Mawei Nowikow spielt einen mehr als überzeugenden Part und ist zu jeder Zeit in der Lage, mit wenig Dialog etwas Wichtiges auszudrücken. Wer so etwas im Kindesalter auf die Leinwand bringen kann, hat später größere Möglichkeiten im Filmgeschäft.

Der Regisseur setzt erfolgreiche Arbeit fort
Drei Jahre zuvor hat Andrei Swjaginzew für seinen Film Leviathan den Preis für das Beste Drehbuch in Cannes erhalten. Für Nelyubov fand er große Inspirationen in seinen Vorbildern:
„Ich will, dass man diesen Film mit Szenen einer Ehe von Ingmar Bergman in Verbindung bringt. […] Seine Figuren sind denkende und kommunizierende Menschen. Sie schreibt ein Tagebuch, wie es in den Sechzigern populär war, und liest ihm Auszüge vor. All diese Szenen belegen, dass weder Intelligenz noch Analysefähigkeit oder Belesenheit vor einer großen Katastrophe retten können.“
Kamera und Musik mit besonderem Charakter
Für die Kamera zeigte sich Michail Kritschman verantwortlich, der den tristen Realismus erdrückend als auch spannend eingefangen hat. Was nutzt zum Beispiel eine geschmacklich modern eingerichtete Wohnung mit einem Hometrainer oder ein modernes Mobiltelefon, wenn eine Beziehung zum eigenen Kind nie bestanden hat? Es ist ein Sinnbild dafür, dass Technik nicht alles ersetzen kann, sondern eher sinnlos erscheint und die wichtigen Dinge des Lebens mehr blockiert als Wege zu öffnen, auch wenn die Menschen damit tagtäglich ihren Rhythmus führen. Musikalisch begleitet wird man dabei von Jewgeni und Sacha Galperine, die hier gemeinsam komponiert haben. Sie ordnen ihren Score den düsteren Kamerafahrten unter und verleihen dem Film den gewissen Touch, was ihn erst so richtig beklemmend als auch faszinierend wirken lässt. Die Zuschauer lassen sich so gut in den Bann ziehen und zeigen Emotionen für diese tiefgreifende Geschichte, die auch zum Nachdenken anregt.

Oscar-Nominierung für den Fremdsprachigen Film
In der Kategorie Bester fremdsprachiger Film war Nelyubov im Rennen um die begehrte Trophäe bei der Oscarverleihung vertreten. Allerdings setzte sich Eine fantastische Frau (2017) aus Chile durch. Bei den Golden Globes 2018 war Loveless ebenfalls nominiert. Konnte sich aber gegen den deutschen Vertreter Aus dem Nichts nicht durchsetzen. Beim Filmfest in München konnte er den ARRI/OSRAM-Award für sich verbuchen. Beim Filmfestival in Cannes gewann Regisseur Andrey Zvyagintsev den Jury-Preis. Die Drehbuchautoren Aleksey Zvyagintsev und Oleg Negin arbeiteten bereits bei Leviathan zusammen. Bei Nelyubov widmeten sie sich ganz besonders der detaillierten Ausformung ihrer ganzen Charaktere, und gehen dabei richtig unter die Oberfläche, um die Beweg- als auch Hintergründe ihrer Figuren zu erforschen.
Fazit: Was als Familiendrama beginnt, wird im weiteren Verlauf der Handlung fast schon ein düsterer Kriminalfilm, was den Geschehnissen um den eigenen Sohn zugrunde liegt. Je länger der Film dauert, desto höher wird die Messlatte bei der Spannung gelegt. Interessant ist auch, wie sich der Russland-Ukraine-Konflikt auf die Figuren auswirkt. Schon wegen der intensiven Charakterzeichnung und der Kameraperspektiven mit düsterer Musikuntermalung ein mehr als interessanter und aufwühlender Film.
Der Film feierte am 18. Mai 2017 im Rahmen der 70. Filmfestspiele in Cannes seine Weltpremiere und wurde ab dem 15. März 2018 in ausgewählten Kinos gezeigt. Nur kurze Zeit später erfolgte der Release auf Blu-ray. Desweitern kann der Film u.a. auf den Plattformen von Maxdome oder Prime Video als Stream gekauft werden.
Vielen Dank, dass Ihr meinen Artikel gelesen habt. Lasst doch gerne ein Like da, wenn es euch gefallen hat. Ihr habt einen Gedanken zum Text oder Film? Dann postet es mir gerne unten in die Kommentare. Ansonsten ließt man sich im nächsten Artikel. Bis bald…
5 Gedanken zu “Loveless [2017] oder die Offenbarung einer Beziehung”