Originaltitel: Leto
Engl. Titel: Leto
Produktionsland: Russland, Frankreich
Regie: Kirill Serebrennikov
Darsteller:
Teo Yoo: Viktor Tsoy, Irina Starshenbaum: Natasha, Roman Bilyk: Mayk Naumenko, Anton Adasinsky: Khozyain kvartiry, Liya Akhedzhakova: Khozyayka kvartiry uva.
Genre: Doku, Musik
FSK: 12
Länge: 126 Min.
Filmverleih Dtl.: Weltkino Filmverleih Gmbh
Filmstart in Russland: 7. Juni 2018
Filmstart in Dtl.: 8. November 2018
Bestandteil des 28. Filmfestival Cottbus
FestivalSektion: Ruskiy Den
Leningrad im Sommer zu Beginn der 1980er-Jahre: Der Schwarzmarkt verbotener Schallplatten von Rockstars aus dem Westen findet einen großen Zuspruch. Auch die lokale Musikszene hat einen Boom erhalten. Mike, ein erfolgreicher Sänger, hilft einem anderen Sänger, damit auch der bekannter wird. Dabei handelt es sich um Viktor Tsoi, der gegenwärtig in Russland angeklagt ist. Ihm wird Veruntreuung zur Last gelegt. Und nun ist er daran bedacht, Mike als auch der Gruppe Kino ein originelles Denkmal zu setzen…
Glaubhafte Darstellung der Schauspieler
Zunächst hat es den Anschein, Rock ’n‘ Roll ist nicht nur Musik, sondern auch ein Lebensgefühl. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Doch das Phänomen dieser Musik ist dennoch ungebrochen. Da tut es auch keinen Abbruch, wenn viele Künstler schon früh das Zeitliche segnen mussten. Unter ihnen war u.a. Buddy Holly oder Ritchie Valens, die Beide aus den USA stammten. Aber auch Russland hat seine Musiklegenden, die früh verstorben sind. Zu ihnen zählen Viktor Tsoi und Mike Naumenko, um die es auch in diesem Film geht. Gezeigt wird der Beginn ihrer Freundschaft und die tieferen Charakteristika der beiden Akteure. Mike (Roman Bilyk) wird als geerdeter Rockstar geschildert, der mit Natalia (Irina Starshenbaum) verheiratet ist und ein gemeinsames Kind hat. Aus dieser Geschichte geht auch hervor, dass die Familie inmitten der Musik integriert ist. Eines Tages begegnet Mike den jungen Sänger Viktor Tsoi (Teo Yoo), der endlich seinen Durchbruch schaffen möchte. Von nun an greift er ihm dabei tatkräftig unter die Arme. Doch Viktor fühlt sich zu Mikes Frau Natalia hingezogen. Im Verlauf der Geschichte entwickeln die Akteure eine enorme Kraft, die den Zuschauer förmlich mit in den Bann zieht. Dazu wird man noch von Musik begleitet, die auch dazu vermag eine besondere Sensibilität auszustrahlen. Dies rundet nicht nur das Geschehen ab, sondern wertet dieses Genre sogar noch auf. Dass die Protagonisten so großartig reflektiert werden, liegt auch an der Spielweise des gesamten Casts.
Stilistische Mittel sorgen für besondere Note
Zum einen ist der Film in Schwarz-Weiß gehalten und schafft es dennoch eine besondere Atmosphäre zu schaffen. Dabei beachte man zu Beginn des Films ein Auto, dessen Auspuffabgase animiert sind. Auch in der Außenwirkung geht es nicht gerade zimperlich zu, sondern bietet dem Zuschauer einen schonungslosen wie interessanten Einblick in das Leben der beiden Musikprotagonisten. Die Inszenierung ist ein einfallsreich und atmosphärisch, was sich durchaus als verdiente Hommage an die Künstler entwickeln könnte. Der Film spielt zu einer Zeit, wo die Sowjetunion noch existierte und die Entspannungspolitik als auch Perestroika noch nicht eingetreten waren. Basis für diesen Film waren die Erinnerungen von Mike Naumenkos Frau Natalia. Doch der Film stützt sich nicht komplett auf die wahren Ereignisse, sondern nimmt sich wie so viele andere Filme eine gewisse künstlerische Freiheit. Dies muss man nicht zwingend als Nachteil, sondern viel mehr als besondere Note des Regisseurs betrachten. Dennoch wird die Dreiecksgeschichte spannend eingefangen und steht für das Lebensgefühl einer ganzen Generation. Eine Mischung aus Rock, Blues und Singer/Songwriter im Stil von Bob Dylan bekommt man zu hören. Aber auch westliche Gassenhauer aus dieser Zeit ertönen im Ohr, die das musikalische Gesamtbild variabel gestalten.
Fazit: Ein Biopic, welches man mal unbedingt gesehen haben muss. Allein der Fakt, dass ein Land seine eigene Musikgeschichte beleuchtet, ist als deutlicher Mehrwert zu deuten. Ganz zu schweigen von den tollen Bildern, die man geboten bekommt. Die Animationen, die darin verwendet werden. tragen zu der gesamten Ästhetik bei. Das Ensemble der Darsteller reiht sich in diese Kunst ein und sorgt damit für eine Aussagekraft, die der Film besitzt.
„Den Wert der Freiheit einfangen und verdeutlichen“, so Kirill Serebrenniko über seinen Film LETO
„Mein Ziel ist es, einen Film über Menschen zu machen, die glücklich sind und absolute künstlerische Freiheit genießen, trotz der Unterdrückung durch die Regierung. Sie machten Musik und konnten sich gar nichts anderes vorstellen.“
Mit LETO gelingt Kirill Serebrennikow ein mitreißendes Zeitbild einer Jugend zwischen Rebellion, der Sehnsucht nach Freiheit und dem Leben unter Zensur. Doch im August 2017, noch vor Ende der Dreharbeiten, wurde der russische Theater- und Filmregisseur festgenommen, sodass er den Film im Hausarrest fertigstellen musste. Der Vorwurf: Veruntreuung von Fördergeldern. Serebrennikow streitet dies strikt ab und sieht darin, wie auch viele Beobachter, den Versuch, kritische Künstler in Russland einzuschüchtern.
Kirill Serebrennikow und seinen Mitarbeitern wird jetzt in Moskau der Prozess gemacht. Nach dem Prozessauftakt vor wenigen Tagen wurde die erste öffentliche Anhörung auf den 7. November vertagt. Sein Hausarrest wurde bereits bis April 2019 verlängert. Aus diesem aktuellen Anlass stellen wir Kirill Serebrennikow und seine Motivation hinter LETO vor. Seine Aussagen stammen aus 2017, noch vor Beginn der Dreharbeiten. Die Bestimmungen seines Hausarrests erlauben Serebrennikow bis heute keine weiteren Stellungnahmen. LETO startet am 8. November in den deutschen Kinos.
Der russische Film-, Theater und Opernregisseur Kirill Serebrennikow wurde 1969 in Rostow am Don, im Süden Russlands, geboren. Seit 2012 ist er künstlerischer Leiter des Gogol Centers in Moskau. Seine Stücke kommen immer wieder auch in Deutschland zur Aufführung.1992 schloss er ein Physikstudium an der Staatlichen Universität Rostow ab. Bereits zu Schulzeiten inszenierte er Theateraufführungen und weitete seine Tätigkeiten ab 1998 auf den Filmbereich aus.
„Meine Generation hat eine starke Erinnerung an die Energie der Perestroika, diese Zeit unmittelbar nach den Ereignissen in unserem Film. Aber in Wirklichkeit wissen wir nichts von der Generation vor unserer eigenen – von ihrer natürlichen Gabe zur Rebellion und ihrem inneren Feuer.“
Serebrennikow inszenierte Produktionen am Moskauer Tschechow-Kunsttheater, am Lettischen Nationaltheater und am Staatstheater der Nationen in Moskau. Seine Theaterinszenierungen wurden u.a. zu den Wiener Festwochen und nach Avignon eingeladen. Darüber hinaus hat er an der Komischen Oper Berlin und der Oper Stuttgart inszeniert.
„Es ist eine brutale und alternative Epoche, in der jeder trotzdem sehr lebendig ist: Mike Naumenko und vor allem Viktor Zoi, den die sowjetische Presse nach seinem tragischen Tod 1990 als letzten Helden des Rocks bezeichnete. Und in dieser kurzen Zeit tun unsere Helden das, was sie am liebsten tun. Sie machen Musik.“
2016 lief Serebrennikows Film DER DIE ZEICHEN LIEST in der Sektion Un Certain Regard auf dem Filmfestival in Cannes, wo er den François Chalais Preis gewann. Seine Filme wurden auf internationalen Filmfestivals gezeigt, unter anderem in Rom, Locarno und Warschau.
„Trotz dieser stark politisierten Zeiten schaffen wir Theater, das modern und gegen das Establishment gerichtet ist. Ein Theater, das als Bewegung gesehen werden kann. Und am allerwichtigsten: wir sind eine lebendige Bewegung. Wir beleben eine Kultur, die für die Mächtigen und staatlichen Kulturrichtlinien inakzeptabel ist, in genau derselben Weise wie Leningrad 1983 weder die Zeit noch der Ort für Rockkultur in der UdSSR war.“
Am 22. August 2017 wurde Kirill Serebrennikow während der finalen Dreharbeiten zu LETO in St. Petersburg festgenommen. Ihm und drei Mitangeklagten wird vorgeworfen, staatliche Fördergelder veruntreut zu haben.
Serebrennikow hat LETO im Hausarrest fertiggestellt. Moskau durfte er seitdem nicht verlassen. Nach seiner Verhaftung solidarisierten sich zahlreiche Künstler, darunter auch Cate Blanchett, Volker Schlöndorff und Nina Hoss mit dem Regisseur und forderten seine sofortige Freilassung. Der Petition „Freiheit für Kirill Serebrennikow“ schlossen sich über 54.000 Unterstützerinnen und Unterstützer an.
„Ich werde diesen Film für und über eine Generation machen, die die Freiheit als eine persönliche Entscheidung betrachtet und zwar als die einzig mögliche. Mein Ziel ist es,
diesen wahren Wert der Freiheit einzufangen und zu verdeutlichen.“
Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian setzte sich in einem Brief an Wladimir Putin für den Auftritt Serebrennikows in Cannes ein. Doch an der Weltpremiere von LETO im Wettbewerb der diesjährigen Filmfestspiele von Cannes konnte Serebrennikow trotzdem nicht teilnehmen.
Das Interview führte der Weltkino Filmverleih GmbH
Website: www.weltkino.de/film/kino/leto
Facebook: www.facebook.com/Leto.DerFilm
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2 Gedanken zu “Leto [2018]”